Seit zwei Jahren ist sie für eine zirkuläre Baubranche im Einsatz. Sie berät Planende und Vertreter:innen der öffentlichen Hand. Im Interview hat uns unsere Kollegin Franziska Albrecht die häufigsten Madaster-Fragen beantwortet.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen?
Franziska: Die Digitalisierung ist entscheidend für nachhaltige Wirtschaftsprozesse, sowohl in Effizienz als auch in ökologischen Prozessen gedacht. Die Digitalisierung schafft die Transparenz, die wir benötigen, um Materialflüsse nachzuverfolgen und damit auch für alle beteiligten Akteure planbar zu machen. Mit Madaster haben wir ein Materialkataster entwickelt, was erstmals überhaupt einen Überblick über verbaute Materialien und deren Wiederverwendungspotenzial ermöglicht. Darauf aufbauend können neue ressourcenschonende Geschäftsmodelle für die Branche entstehen.
Was wird im Materialkataster dokumentiert?
Franziska: Alle Baumaterialien. Jedes Kilogramm Material, was nicht verbrannt oder deponiert wird, spart CO2-Emissionen und vermeidet den Raubbau an den Ressourcen unserer Erde. In Madaster können deshalb alle Materialien aus Neubau und Bestand erfasst werden. In Gebäuden ist die Abbildung aller Schichten möglich, vom Tragwerk bis zu den technischen Anlagen und dem Innenausbau.
Es genügt allerdings nicht, nur den Hochbau zu betrachten. In vielen Elementen unserer urbanen Umwelt ist der Einsatz von Ressourcen immer noch nicht Teil der Wahrnehmung. Dazu gehören ober- und unterirdische Infrastrukturen, befestigte Freiflächen, wie Stadtplätze oder auch Ingenieurbauwerke. Abgesehen vom finanziellen Materialwert steckt in ihnen jede Menge gebundenes CO2, das es zu halten gilt. Madaster bietet extra für diese Fälle besondere Features an, die die Dokumentation von Straßen, Brücken, Windrädern und Kanalsystemen erleichtern.
Welche Genauigkeit wird denn für die Auswertungen vorausgesetzt?
Franziska: Von regulativer Seite gibt es aktuell noch keine rechtsgültigen Vorschriften. Madaster ist in der Lage, alle Detailgrade auszuwerten – generisch bis produktspezifisch. Ein LOD von 300 muss mindestens erreicht sein, damit Madaster Daten auswerten kann. Die meisten Nutzer:innen unserer Plattform streben einen Level of Detail (LOD) von 400 an. Das entspricht der Genauigkeit eines Ausführungsplans. Aus Sicht der Kreislaufwirtschaft müssen wir einen LOD von 500 erreichen (As Build). Damit nämlich Materialien für ihre Weiternutzung hinlänglich klassifiziert werden können, benötigen herstellende und verarbeitende Unternehmen genaue Angaben über die Materialzusammensetzung. Es gibt schließlich große Unterschiede in den Qualitäten verschiedener Kunststoffe, Gläser, Betone und so weiter.
Wie viel zusätzliche Arbeit entsteht durch die Dokumentation?
Franziska: Wir versuchen den Aufwand bestmöglich zu minimieren. Madaster hat digitale Schnittstellen und kann beispielsweise automatisch BIM-Modelle Auswerten. Unsere Systemanforderungen beziehen sich zudem auf branchenübliche Modellierungsstandards. Und letztendlich spart man durch die automatische Datenauswertung später viel Zeit in der Zertifizierung (DGNB, BREEAM, LEED) oder im Reporting (EU-Taxonomie, CSRD).
Hinsichtlich des Detaillierungsgrades möchte ich an dieser Stelle hinzufügen, dass wir alle am Anfang stehen. Eine Genauigkeit bis auf die letzte Schraube ist für viele nicht möglich und auch aus rationaler Sicht nicht unbedingt zielführend. Wir empfehlen so weit zu gehen, wie wirtschaftlich machbar. Das Wichtigste ist, mit der Dokumentation zu starten. Wir stehen dazu als Ansprechpartner:innen zur Verfügung und verfolgen das Thema auch aktiv in Forschungsprojekten mit der Uni Wuppertal. Das Ziel ist die Vereinfachung der Rückverfolgbarkeit von Produkten.