Umar macht zirkuläres bauen vor
Autorin: Anja Bundschuh, Madaster
Der Originalbeitrag wurde zuerst im Online-Magazin des Circular Hub, der Wissens- und Netzwerkplattform für Kreislaufwirtschaft in der Schweiz veröffentlicht.
Der Übergang zu einem zirkulären Wirtschaftsmodell, in dem Produkte und Materialien jederzeit ihren höchsten Nutzen und Wert behalten, ist ein wichtiger Schritt, um aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Der Bausektor spielt als einer der grössten Ressourcenverbraucher, CO2-Emittenten und Abfallproduzenten dabei eine zentrale Rolle. Ein wissenschaftliches Paper beschreibt die Aufnahme und Auswertung der kreislaufgerechten Urban Mining and Recycling (UMAR) Unit in die Madaster-Plattform.
Das Verständnis von Gebäuden als Materiallager verändert die Art und Weise, wie Ressourcen in der gebauten Umgebung verwaltet werden können. Ähnlich wie bei der Warenlagerung und -bewirtschaftung können Gebäudeinhaber, Städte und Regionen die Materialbestände im Auge behalten und antizipieren. Die vollständige Transparenz über verbaute Materialien und Produkte lässt Wiederverwendung zu einer attraktiven Alternative zur Deponie werden. Auch wird so eine ressourcenschonendere Planung erleichtert. Voraussetzung dafür ist die umfassende Dokumentation und zeitgerechte Kommunikation, wo welche Materialien und Produkte verbaut sind und wann sie in welchen Mengen und zu welchem Zeitpunkt bereitstehen.
Bericht über UMAR/NEST und Madaster zeigt, dass nahezu 100% zirkuläres Bauen möglich ist
Der Bericht «Calculation and evaluation of circularity indicators for the built environment using the case studies of UMAR and Madaster« zeigt, wie verbautes Material in einem Gebäude komplett dokumentiert wurde und dass ein nahezu 100% zirkulärer Bau realisiert werden kann.
Felix Heisel, Forschungsverantwortlicher am Fachgebiet Nachhaltiges Bauen des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Sabine Rau-Oberhuber, Co-Founder Turntoo, Amsterdam beschreiben den Prozess der Dokumentation von Materialien und Produkten innerhalb der Madaster-Plattform, die beim Bau der Urban Mining and Recycling (UMAR) Unit, verwendet wurden. UMAR ist eine zirkulär gestaltete Wohneinheit im NEST, dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa und der Eawag. Die Einheit wurde von den Architekten Werner Sobek mit Dirk E. Hebel und Felix Heisel nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft aus Sekundärressourcen geschaffen und als Materiallager für zukünftige Bauten konzipiert.
Anhand der registrierten Daten konnte der Madaster-Zirkularitätsindex für die Bau-, Nutzungs- und End-of-Life-Phase berechnet werden. Die Ergebnisse der Berechnungen zeigen, dass die UMAR-Einheit zu 96% zirkulär ist. Dieses Anwendungsbeispiel ist ein Benchmark für zirkuläres Bauen, fast ein Idealzustand, der realistischerweise langfristig erreichbar sein wird.
Materialpass und Zirkularitätsindex als Gestaltungsinstrument
Der Bericht verdeutlicht die Wichtigkeit, Daten zu erfassen, um den Fortschritt mit Indexen mess- und nachvollziehbar zu machen. Er geht detailliert auf die Berechnung des Zirkularitätsindex ein. Die Verwaltung von Materialbeständen und -flüssen und die Bewertung der Leistung einzelner Gebäude hinsichtlich des Materialverbrauchs seien grundlegend, um das Potenzial für eine zukünftige Wiederverwendung aufzuzeigen. Zusätzliche Informationen über CO2-Einsparungen und eine Finanzbewertung von Materialien durch zirkuläres Design und zirkuläre Materialauswahl könnten als Treiber dienen, um den Wert im System zu erhalten und den Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft zu beschleunigen.
Benchmark für die Schweiz
Die UMAR-Fallstudie setzt diese Konzepte durch Nutzung des Online-Katasters Madaster konsequent um. Der Bericht zeigt, wie die Bewertung von Materialbeständen und -flüssen in einer gebauten Umgebung mit Hilfe von Materialpass und Zirkularitätsindex den Übergang zu einer zirkulären Bauindustrie unterstützt. Daher fungiert sie als Vorzeigebeispiel und Living Lab, das die Bedeutung interdisziplinärer Teamarbeit in Design und Konstruktion vom Anfang des Prozesses bis zum Ende verdeutlicht.
Diese Fallstudie ist in ihrer Detailtiefe ein wichtiger Meilenstein für die Nutzung von Madaster. Weitere Dateneingaben ermöglichen die Erstellung vergleichender Studien, die sowohl die Dateneingabe als auch die Berechnungsmethoden im Hinblick auf die zugrunde liegenden Entwurfsmethoden der Kreislaufwirtschaft bewerten und damit Madaster verfeinern.
Der Geschäftsführer des 2016 eröffneten Bauforschungsprojekts NEST fasst das Potential von Madaster so zusammen: “Mit den in Madaster dokumentierten Informationen können wir Architekten, Bauherren und Liegenschaftseigentümern zeigen, wie Bauen in der Zukunft geht.” Das komplette Video-Interview können Sie hier sehen.
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